Bayerische Seen im Klimawandel
Die Ökosysteme der bayerischen Seen sind durch den Klimawandel aus dem Gleichgewicht geraten. Die Folgen dieses Ungleichgewichts für Pflanzen, Tiere und Menschen werden seit fast zwei Jahrzehnten von Forschenden der TU München erfasst und analysiert.
50 Kilometer außerhalb Münchens liegt die Limnologische Station Iffeldorf. Hier forschen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Lehrstuhls für Aquatische Systembiologie der TU München. Limnologie ist die Wissenschaft der Binnengewässer, also der Seen, Flüsse und Bäche, sowie ihren Organismen. In einer auf Dauer angelegten Studie erfasst das Team der Technischen Universität München Veränderungen im Ökosystem der Seen, um den Einfluss des Klimawandels auf die bayerischen Seen frühzeitig zu erkennen und zu prognostizieren, welche Auswirkungen zu erwarten sind.
 
            Die Unterwasserwelt der Seen mit zahlreichen Wasserpflanzen als Heimat vieler Organismen, ist im Ungleichgewicht; [Copyright] Dr. Anne Lewerentz
Angewandte Klimaforschung an Seen
Das Forschungsteam setzt eine breite Palette von wissenschaftlichen Methoden ein. Mit Gensequenzierung zum Beispiel  identifiziert es verschiedene Cyanobakterien (Blaualgen), mit feinsten  Hochleistungsmikroskopen werden Algen bestimmt. Experimente sind ebenfalls  Bestandteil der Arbeit – je nach Maßstab in einem Reagenzglas, einem Aquarium  oder in einem  1000-Liter-Container. So  können die Forschenden erproben, welche Auswirkungen bestimmte Veränderungen  auf das Ökosystem eines Sees haben werden. „Hier können wir Experimente  durchführen, die wir im See selbst nicht machen können, zum Beispiel fremde  Arten einbringen oder die Temperatur gezielt erhöhen,“ sagt Dr. Uta Raeder, die  stellvertretende Leiterin der Limnologischen Station.
              Die bisherigen Ergebnisse der Forschungsarbeit zeigen  weitreichende Folgen auf. Die Wasserqualität der bayerischen Seen wird  zunehmend beeinträchtigt, was sich in vielerlei Weise auf die dort lebenden Organismen  auswirkt.
Einblick in die Seen-Klima-Forschung: Biodiversität der Seen in Gefahr
                Besonders deutlich wirken sich die klimabedingt steigenden Luft-  und Wassertemperaturen auf die Biodiversität der Seen aus. Immer kürzer sind  die Zeiten, in denen die Seen eisbedeckt sind, immer länger dauert die Phase  der Erwärmung der oberen Seeschichten im Sommer. 
                „Zunehmend können Organismen aus wärmeren Regionen in die  bayerischen Seen einwandern. Das können z.B. Wasserpflanzen sein, die heimische  Arten verdrängen. Das verändert den Wasserpflanzenbestand eines Sees, der  wiederum wesentlich für viele andere Organismen wie Fische, Amphibien und  Reptilien ist, die durch diese Entwicklung ihre Lebensgrundlage verlieren.“ Dr.  Uta Raeder, TU München
                Nicht nur die höheren Temperaturen wirken sich auf die Seen aus.  Auch zunehmende Hochwasserereignisse haben Folgen. So greift das Hochwasser  beispielsweise die Schilfhalme an: Das hohle Innere des Schilfs läuft mit  Wasser voll und das Schilf verfault von innen.
Das Anliegen des Forschungsverbundes
„Durch Hochwasser sind bereits große Wasserschilfbestände verloren gegangen. Damit verlieren viele Tiere, wie Insekten, Fische oder Vögel ihren Lebensraum.“
Dr. Uta Raeder, TU München
 
            Der Seeleinsee– die Bergseen sind in besonderem Maße vom Klimawandel betroffen. Copyright: Archiv Limnologische Station Iffeldorf
Bergseen im Klimawandel
Die klimatischen Veränderungen sind am deutlichsten in den Alpen  zu spüren. In den Bergen schmelzen Schnee und Gletscher, was wiederum zur Folge  hat, dass sich die Baumgrenze nach oben verschiebt: auch in Hochlagen kann  zunehmend Vegetation gedeihen. Wo früher Schnee lag, entsteht nun organischer  Boden. Der dunkle Boden kann im Gegensatz zum weißen Schnee die Hitze der Sonne  deutlich schlechter reflektieren – das verstärkt die Erwärmung in den Bergen. Durch  Starkregen nehmen Erosionen zu, was dazu führt, dass Nährstoffe und Trübstoffe  in die Bergseen geraten. 
              Der Klimawandel wirkt sich auf das Leben in den Bergseen aus: die  dort existierenden Lebensgemeinschaften sind eigentlich an die extreme  Witterung der Berge angepasst - dieses bislang fein austarierte Ökosystem ist  durch die starken Auswirkungen des Klimawandels aus dem Gleichgewicht geraten.
