So wirkt sich der Klimawandel auf unsere Gesundheit aus
Der Klimawandel hat nicht nur Folgen für unsere Umwelt. Er wirkt sich direkt und indirekt auf unsere Gesundheit aus. Was sind die größten Herausforderungen für unsere Gesundheit und was können wir tun, um uns zu schützen?
2020 war das weltweit zweitwärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnung. In Deutschland wie auch im Rest der Welt nimmt die Anzahl heißer Tage zu und die Durchschnittstemperaturen steigen. Das hat Veränderungen im globalen Klimasystem zur Folge. Diese Veränderungen werden sich auf unsere Gesundheit auswirken – und das nicht nur in heißen Ländern oder in Tornadogebieten, sondern hier bei uns in Europa, Deutschland, Bayern.
"Der Klimawandel beeinflusst die menschliche Gesundheit in vielfältiger Weise. Extreme Wetter- und Umweltveränderungen können bestehende Gesundheitsprobleme verstärken und neue verursachen. Wir müssen uns auf die hohen Temperaturen und ihre direkten und indirekten Folgen für unsere Gesundheit einstellen und Maßnahmen treffen, um uns zu schützen"
Prof. Caroline Herr, Mitglied der Amtsleitung des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL)
Steigende Temperaturen – so reagiert unser Körper
Forscherinnen und Forscher rechnen damit, dass es in Deutschland in Zukunft zu mehr heißen Tagen mit einer Maximaltemperatur über 30°C und mehr Tropennächten mit einer Tiefsttemperatur von 20°C kommen wird. Hitzewellen werden intensiver, kommen in Zukunft öfter vor und halten länger an. In Maßen kann unser Körper gut mit Hitze umgehen. Er besitzt einen natürlichen Schutzmechanismus, der bei hohen Temperaturen anspringt. Doch bei zu viel Anstrengung und extremer, feuchter Hitze ist der Körper mit der Kühlung überfordert.
Die Hitzetage in Bayern nehmen zu.
"Um die Körpertemperatur konstant zu halten, sondert der Körper Schweiß ab und die Haut wird verstärkt durchblutet. Dadurch kann es unter anderem zu einem Flüssigkeitsverlust und zu einem Abfall des Blutdrucks kommen. Da die Organe aber weiterhin ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden müssen, steigt die Herzfrequenz an, was eine ernstzunehmende Belastung für das Herz darstellt. Auch die Funktion weiterer Organe, wie die der Nieren oder des Gehirns, wird durch Hitze beeinflusst, sodass Hitze eine große Belastung für den gesamten menschlichen Körper darstellt und eine Gefährdung für unsere Gesundheit bedeutet." sagt Prof. Caroline Herr.
Der beste Schutz gegen Hitze
- körperliche Arbeit und Sport in den frühen Morgenstunden
- in der Mittagshitze: Schatten oder kühle Räume aufsuchen
- luftige Kleidung und Sonnenhüte helfen, den Körper zu temperieren
- besonders wichtig: genug Flüssigkeit trinken, am besten Mineralwasser; Menschen mit Vorerkrankungen (z.B. bei Dialysepatientinnen oder -patienten) bezüglich der Trinkmenge ärztliche Rücksprache halten
- bei Einnahme von Medikamenten ggf. nach ärztlicher Rücksprache den Medikamentenplan angepassen
- zur Abkühlung: nasse Lappen auf Arme und Beine
- auf kühle Wohnräume achten: z.B. Fenster tagsüber mit Rollläden verdunkeln, in den kühlen Morgen- und Abendstunden lüften
- abonnieren der Hitzewarnungen des Deutschen Wetterdienstes
Für den Schutz vor Hitze am Arbeitsplatz bestehen spezielle Regelungen, die vom Arbeitgeber umzusetzen sind.
Höhere Temperaturen = längere Pollenzeit
Viele Menschen haben bereits heute mit Pollenallergie zu kämpfen: 14,8 Prozent aller Erwachsenen leiden an Heuschnupfen. „Die Zahl wird in den nächsten Jahren steigen. Klimawandelbedingt werden mildere Temperaturen im Winter und im Frühling zu einer früher einsetzenden und längeren Pollensaison führen. Auch neue Pollenarten wie beispielsweise die hochallergene Pflanze Ambrosia können sich durch das veränderte Klima auch in Deutschland besser verbreiten.“ sagt Prof. Caroline Herr.
Bei manchen Pflanzenarten setzt der Pollenflug früher ein. Dazu zählt beispielsweise der Haselstrauch, dessen Pollenflugzeit in den letzten Jahren bereits um Weihnachten begonnen hat. Das Traubenkraut Ambrosia, das sich in den letzten Jahren zunehmend in Europa verbreitet, verteilt seine Pollen bis in den Oktober hinein und sorgt damit unter anderem für einen verlängerten Allergiezeitraum.
Pollenallergie – das können Sie tun
Bei einer Pollenallergie ist es am wirkungsvollsten, die Menge an Pollen in der näheren Umgebung zu reduzieren. Damit Sie nachts besser schlafen können, sollten Sie Ihre Kleidung außerhalb des Schlafzimmers ausziehen und Ihre Haare vor dem Schlafengehen waschen. Denn dort bleiben Pollen gerne haften. Es lohnt sich, Bettwäsche und Handtücher öfter zu waschen und Wäsche zum Trocknen in Innenräumen aufzuhängen. Für Allergikerinnen und Allergiker ist es besonders wichtig, sich über den aktuellen Pollenflug zu informieren. Dazu leistet das elektronische Polleninformationsnetzwerk (ePIN) des LGL einen wichtigen Beitrag.
Präzise Vorhersagen zum Pollenflug per App – das Elektronische Polleninformationsnetzwerk (ePIN)
Wann und wo Pollen fliegen, ist messbar.
Mithilfe von acht elektronischen Pollenmonitoren wird in Bayern die Pollenbelastung in der Luft gemessen. Allergikerinnen und Allergiker können sich auf der ePIN-Website oder mithilfe der App „ePIN – Pollenflug Bayern“ informieren, welche Pollen gerade in der Luft sind. Die Daten werden alle drei Stunden aktualisiert. Dies ermöglicht die Anpassung des Verhaltens an den aktuellen Pollenflug, zum Beispiel bei der Einnahme von Medikamenten oder bei Verhaltensweisen, die den Kontakt mit Pollen vermindern oder vermeiden.
Hitze und Feuchtigkeit fördern die Ausbreitung von Krankheiten
In Bayern sind bisher vor allem Stechmücken, Zecken, Flöhe und Wanzen als Überträger von Krankheiten bekannt. Diese sogenannten Vektoren können Erreger, wie zum Beispiel Viren, auf den Menschen übertragen.
Sind die Temperaturen milder, können sich Zecken leichter ausbreiten und deshalb häufiger Krankheiten übertragen.
Durch die steigenden Temperaturen können sich vermehrt Insekten aus wärmeren Ländern bei uns ansiedeln. Ein Beispiel dafür ist die Tigermücke. Sie stammt ursprünglich aus Asien, ist inzwischen jedoch seit einiger Zeit in Südeuropa zu finden und wurde bereits in Deutschland nachgewiesen. Die Tigermücke ist ein Krankheitsüberträger für eine Vielzahl von Viren, darunter die auf den Menschen übertragbaren Dengue-, Chikungunya-, Zika- und West-Nil-Viren. Bisher ist das Risiko einer Virusübertragung durch die Tigermücke in Deutschland gering. Allerdings gibt es Hinweise darauf, dass sich das Insekt in Deutschland weiter ausbreiten könnte. Außerdem müssen wir damit rechnen, dass einheimische Vektoren, wie die Zecken, längere Zeit im Jahr aktiv sein werden, sich durch die milden Temperaturen leichter ausbreiten können und deshalb häufiger Krankheiten, wie Lyme-Borreliose und FSME übertragen können.
Schutz vor Krankheitsüberträgern – das können Sie tun
- lange Kleidung, vor allem bei Ausflügen in der Natur
- glatter, heller Stoff – Zecken sind darauf gut zu erkennen und können sich schwerer festkrallen
- Insektenabwehrstoffe für die freien Hautpartien, zum Beispiel im Nacken
- nach dem Aufenthalt im Freien den Körper nach Zecken absuchen
- Haustiere ebenfalls untersuchen – Zecken können vom Tier auf den Menschen übergehen
- gegen die Krankheit FSME, die von Zecken übertragen wird, gibt es eine Impfung
- keine stehenden Gewässer im Garten, um Mücken zu vermeiden
Die Zukunft unserer Gesundheit im Klimawandel
Die Erderwärmung muss begrenzt werden. Denn nur so können wir extreme gesundheitliche Belastungen vermeiden. Gleichzeitig müssen jetzt Maßnahmen getroffen werden, um in der Zukunft auf gesundheitliche Herausforderungen vorbereitet zu sein.
„Die Anpassung unseres Verhaltens an die klimatischen Veränderungen ist von großer Bedeutung, um unsere Gesundheit vor den umfassenden Folgen des Klimawandels zu schützen. Das wird in vielfältiger Weise und in allen Lebensbereichen geschehen müssen. Beispielsweise sind die Etablierung von kommunalen Hitzeaktionsplänen sowie Schulungen für Hausärztinnen und Hausärzte, Pflegekräfte oder Erzieherinnen und Erzieher und der Einsatz von Frühwarnsystemen notwendig, um die Menschen zu schützen“.
Prof. Caroline Herr
Um die Kommunen bei der Erstellung und Umsetzung von Hitzeaktionsplänen zu unterstützen, hat das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) die Toolbox „Hitzeaktionspläne in Kommunen“ nach Schweizer Vorbild entwickelt.